Montag, 13. September 2010

"Galileo Was Wrong - The Church Was Right"

Im November dieses Jahres ist in den USA eine Konferenz angesetzt, in deren Rahmen die "Erkenntnisse" bezüglich der Geozentriertheit der Welt ausgetauscht werden sollen.

Natürlich ist es prinzipiell zu begrüßen, wenn auch lange Zeit als unverrückbar geltende Weltinterpretationen gelegentlich auf ihre Korrektheit hin überprüft werden. Spätestens seit Thomas Kuhn und Paul Feyerabend dürfte ja hinreichend klar sein, dass die Wissenschaft nicht Wahrheit, sondern lediglich voräufige Modelle der Welt entwickelt. Warum also nicht mal wieder eine Generalrevision des geoheliozentrischen Weltbildes?


Dabei fällt jedoch sofort ins Auge, dass sich die Veranstalter gegen Galileo Galilei wenden, wo es doch eigentlich Nikolaus Kopernikus war, der die nach ihm benannte Wende vom geo- zum heliozentrischen Weltbild einläutete. Nun gut, man will ja nicht kleinlich sein: musste sich doch Galilei, und nicht Kopernikus, für die umstürzlerische These des Heliozentrismus rechtfertigen. Da sich die Grundintention der Veranstaltung aber ohnehin eher auf eine Stärkung der katholischen Kirche / des katholischen Glaubens zu richten scheint, und man sich hierzu der Bekämpfung wissenschaftlicher Erkenntnisse nur als einer vordergründigen Kulisse bedient, sind solche groben Schnitzer vernachlässigbar.

Natürlich darf auch eine Prise Verschwörungstheorie nicht fehlen: So referiert etwa Robert Sungenis zum Thema "Geocentrism: They Know It But They're Hiding It". Man fragt sich bloß, wer denn nun wieder mit "sie" ("they") gemeint ist. Die katholische Kirche selbst, die Illuminaten/Freimaurer/Rosenkreuzer, die CIA - oder DIE Wissenschaftler?

Ein Widerspruch verblüfft dann aber doch: Wenn die Kirche (mal angenommen, es ist die römisch katholische gemeint) Recht hat, dann gilt dies doch auch und insbesondere für die Rehabilitation Galileis durch den Papst. Immerhin zeigte man doch seitens des Hl. Stuhls demütige Einsicht:
Eine weitere Lehre ist die Tatsache, daß die verschiedenen Wissenschaftszweige unterschiedlicher Methoden bedürfen.

Galilei, der praktisch die experimentelle Methode erfunden hat, hat, dank seiner genialen Vorstellungskraft als Physiker und auf verschiedene Gründe gestützt, verstanden, daß nur die Sonne als Zentrum der Welt, wie sie damals bekannt war, also als Planetensystem, infrage kam.

Der Irrtum der Theologen von damals bestand dagegen am Festhalten an der Zentralstellung der Erde in der Vorstellung, unsere Kenntnis der Strukturen der physischen Welt wäre irgendwie vom Wortsinn der Heiligen Schrift gefordert. Doch wir müssen uns hier an das berühmte Wort erinnern, das dem Baronius zugeschrieben wird: »Der Heilige Geist wollte uns zeigen, wie wir in den Himmel kommen, nicht wie der Himmel im einzelnen aussieht.« Tatsächlich beschäftigt sich die Bibel nicht mit den Einzelheiten der physischen Welt, deren Kenntnis der Erfahrung und dem Nachdenken des Menschen anvertraut wird. Es gibt also zwei Bereiche des Wissens. Der eine hat seine Quelle in der Offenbarung, der andere aber kann von der Vernunft mit ihren eigenen Kräften entdeckt werden. Zum letzteren Bereich gehören die experimentellen Wissenschaften und die Philosophie. Die Unterscheidung der beiden Wissensbereiche darf aber nicht als Gegensatz verstanden werden. Beide Bereiche sind vielmehr einander durchaus nicht fremd, sie besitzen vielmehr Begegnungspunkte. Dabei gestattet die Methode eines jeden Bereiches, unterschiedliche Aspekte der Wirklichkeit herauszustellen.

(Quelle: ANSPRACHE VON JOHANNES PAUL II. AN DIE TEILNEHMER DER VOLLVERSAMMLUNG DER PÄPSTLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN, 31. Oktober 1992)
Die Reue ging sogar zunächst soweit, im Jahr 2008 Platz für eine Marmorstatue des vormals Verfemten einzuräumen. Versteht sich von selbst, dass daraus nichts wurde.

Hat die Kirche also Recht, oder hat sie Recht? Schwierig zu sagen, da anscheinend auch heute die Positionen innerhalb des Vereins disparat zu sein scheinen. Man darf also gespannt sein, welche erdbahnbrechenden Erkenntnisse auf o.g. Konferenz das Licht der umlaufenden Sonne erblicken. Und wie Planet Vatikan, der gänzlich fremdartigen Gesetzmäßigkeiten unterliegt, sich dazu verhält.