Montag, 13. September 2010

"Galileo Was Wrong - The Church Was Right"

Im November dieses Jahres ist in den USA eine Konferenz angesetzt, in deren Rahmen die "Erkenntnisse" bezüglich der Geozentriertheit der Welt ausgetauscht werden sollen.

Natürlich ist es prinzipiell zu begrüßen, wenn auch lange Zeit als unverrückbar geltende Weltinterpretationen gelegentlich auf ihre Korrektheit hin überprüft werden. Spätestens seit Thomas Kuhn und Paul Feyerabend dürfte ja hinreichend klar sein, dass die Wissenschaft nicht Wahrheit, sondern lediglich voräufige Modelle der Welt entwickelt. Warum also nicht mal wieder eine Generalrevision des geoheliozentrischen Weltbildes?


Dabei fällt jedoch sofort ins Auge, dass sich die Veranstalter gegen Galileo Galilei wenden, wo es doch eigentlich Nikolaus Kopernikus war, der die nach ihm benannte Wende vom geo- zum heliozentrischen Weltbild einläutete. Nun gut, man will ja nicht kleinlich sein: musste sich doch Galilei, und nicht Kopernikus, für die umstürzlerische These des Heliozentrismus rechtfertigen. Da sich die Grundintention der Veranstaltung aber ohnehin eher auf eine Stärkung der katholischen Kirche / des katholischen Glaubens zu richten scheint, und man sich hierzu der Bekämpfung wissenschaftlicher Erkenntnisse nur als einer vordergründigen Kulisse bedient, sind solche groben Schnitzer vernachlässigbar.

Natürlich darf auch eine Prise Verschwörungstheorie nicht fehlen: So referiert etwa Robert Sungenis zum Thema "Geocentrism: They Know It But They're Hiding It". Man fragt sich bloß, wer denn nun wieder mit "sie" ("they") gemeint ist. Die katholische Kirche selbst, die Illuminaten/Freimaurer/Rosenkreuzer, die CIA - oder DIE Wissenschaftler?

Ein Widerspruch verblüfft dann aber doch: Wenn die Kirche (mal angenommen, es ist die römisch katholische gemeint) Recht hat, dann gilt dies doch auch und insbesondere für die Rehabilitation Galileis durch den Papst. Immerhin zeigte man doch seitens des Hl. Stuhls demütige Einsicht:
Eine weitere Lehre ist die Tatsache, daß die verschiedenen Wissenschaftszweige unterschiedlicher Methoden bedürfen.

Galilei, der praktisch die experimentelle Methode erfunden hat, hat, dank seiner genialen Vorstellungskraft als Physiker und auf verschiedene Gründe gestützt, verstanden, daß nur die Sonne als Zentrum der Welt, wie sie damals bekannt war, also als Planetensystem, infrage kam.

Der Irrtum der Theologen von damals bestand dagegen am Festhalten an der Zentralstellung der Erde in der Vorstellung, unsere Kenntnis der Strukturen der physischen Welt wäre irgendwie vom Wortsinn der Heiligen Schrift gefordert. Doch wir müssen uns hier an das berühmte Wort erinnern, das dem Baronius zugeschrieben wird: »Der Heilige Geist wollte uns zeigen, wie wir in den Himmel kommen, nicht wie der Himmel im einzelnen aussieht.« Tatsächlich beschäftigt sich die Bibel nicht mit den Einzelheiten der physischen Welt, deren Kenntnis der Erfahrung und dem Nachdenken des Menschen anvertraut wird. Es gibt also zwei Bereiche des Wissens. Der eine hat seine Quelle in der Offenbarung, der andere aber kann von der Vernunft mit ihren eigenen Kräften entdeckt werden. Zum letzteren Bereich gehören die experimentellen Wissenschaften und die Philosophie. Die Unterscheidung der beiden Wissensbereiche darf aber nicht als Gegensatz verstanden werden. Beide Bereiche sind vielmehr einander durchaus nicht fremd, sie besitzen vielmehr Begegnungspunkte. Dabei gestattet die Methode eines jeden Bereiches, unterschiedliche Aspekte der Wirklichkeit herauszustellen.

(Quelle: ANSPRACHE VON JOHANNES PAUL II. AN DIE TEILNEHMER DER VOLLVERSAMMLUNG DER PÄPSTLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN, 31. Oktober 1992)
Die Reue ging sogar zunächst soweit, im Jahr 2008 Platz für eine Marmorstatue des vormals Verfemten einzuräumen. Versteht sich von selbst, dass daraus nichts wurde.

Hat die Kirche also Recht, oder hat sie Recht? Schwierig zu sagen, da anscheinend auch heute die Positionen innerhalb des Vereins disparat zu sein scheinen. Man darf also gespannt sein, welche erdbahnbrechenden Erkenntnisse auf o.g. Konferenz das Licht der umlaufenden Sonne erblicken. Und wie Planet Vatikan, der gänzlich fremdartigen Gesetzmäßigkeiten unterliegt, sich dazu verhält.

Dienstag, 24. August 2010

Nazi-Flugscheiben

Jetzt erklärt sich die geistige Beschränktheit der irdischen Neonazis: die gesamte braune Intelligenzia ist gegen Ende des 3. Reichs in Reichsflugscheiben ins Weltall abgehauen. Wohin, ist nicht ganz klar. Dunkle Quellen raunen vom Sirius, mindestens aber dem Mond. Falls es noch einige Zweifler geben sollte, wird dieses Meisterstück dokumentarischer Filmkunst sie sicher von der tächnischän Öbärläägänhaid der nationaalsozialistischen Inschänöre überzeugen.



Finnische Filmschaffende haben sich ja diesem Topos ebenfalls schon angenommen:


(IronSky)

Montag, 9. August 2010

Von den "göttlichen" Urteilen

Walter Mixa, der Augsburger Bischof mit befleckter Weste, ist bekanntlich zurückgetreten. Damit ist einer der engagiertesten Fürsprecher einer autoritären, konservativ bis rückwärts gewandten katholischen Kirche von der politischen Bühne (sic!) Deutschlands abgetreten. Seine unsäglichen Ausfälle gegen den zeitgenössischen, liberalen Lebensstil gehören damit der Vergangenheit an.
Doch war resp. ist er längst nicht der einzige Vertreter solch fragwürdiger Positionen. Man möchte hier eher eine strukturelle Eigenschaft insb. der katholischen Kirche vermuten, die offenbar solche Persönlichkeiten in besonderem Maße an- und/oder erzieht.
Ein weiteres Beispiel wäre etwa der Salzburger Weihbischof Andreas Laun. In dem katholischen Nachrichtenportal kath.net zeigte sich Laun in einem Beitrag erstaunlich gut informiert über göttliche Wertungen:
Das Mitleid mit den Opfern ist eine Sache, eine andere die Feststellung: „Love – Parade“ und Teilnahme an ihnen sind, abgesehen von ihrem abstoßenden Erscheinungsbild, objektiv eine Art Aufstand gegen die Schöpfung und gegen die Ordnung Gottes, sind Sünde und Einladung zur Sünde!
(Hervorhebung von Soph.)
Kann oder soll man dem noch etwas hinzufügen? Man fragt sich, welchen Objektivitätsbegriff der gute Weihbischof hier zugrunde legt. Finden sich entsprechende Wertungen in der "Heiligen Schrift"? ("Der Herr aber spricht: Du sollst nicht tanzen zu harten Rhythmen noch Spaß haben mit anderen Menschen!") Hinsichtlich gleichgeschlechtlicher Liebe haben sich die Autoren des Levitikus ja recht eindeutig geäußert (18:22 und 20:13). Warum aber die Love-Parade ausgerechnet den Zorn des Herrn erregt haben soll, erschließt sich mir nicht so recht. Vielleicht kann mir da jemand bibelfesteres aufhelfen?!
Mit anderen Worten: Man weigert sich anzuerkennen, dass die Loveparade, abgesehen von ihrem krankhaften Erscheinungsbild, auch mit Sünde zu tun haben könnte und darum, folgerichtig, auch mit dem richtenden und strafenden Gott!
(Hervorhebung von Soph.)
Wie weit sind solche Ansichten von einem aufgeklärten Christentum entfernt! Was heißt hier "aufgeklärt"? Es bedeutet die Einsicht in die Bedingtheit der eigenen Wertmaßstäbe durch die menschliche, d.h. eben nicht göttliche Umwelt. Daran scheiden sich freilich die Geister und einem von manchem als gefährlich angesehenen Relativismus wird die Tür geöffnet. Wenn Herr Laun von einem "krankhaften Erscheinungsbild" spricht, setzt er ein absolutes, in seinen Augen göttlich gerechtfertigtes Werturteil. Diese absolute Denkungshaltung muss den aufgeklärten Geist befremden und empören, der doch um den subjektiven Charakter solcher Werturteile weiß und daher ihren Absolutheitsanspruch zurückweist. Als persönliche Meinung des Bürgers Laun sind solche Ansichten zwar widerwärtig, aber zu billigen. In ihrem Anspruch auf absolute Gültigkeit und geäußert von einem hochrangigen Vertreter der katholischen Kirche müssen sie energisch zurückgewiesen werden!

Laun scheint auch die Aufregung, die seine Äußerungen hervorgerufen haben, nicht zu verstehen. In einer Klarstellung der Klarstellung versucht er sich zu rechtfertigen:
Ihr aber scheint das Unrecht, das Ihr mir zum Vorwurf macht als Euer Recht in Anspruch zu nehmen: Ich dürfe nicht urteilen und ich tue es auch nicht, aber Ihr, Ihr nehmt Euch das Recht, über mich herzufallen und mich zu verurteilen für eine Behauptung, die ich ausdrücklich abgelehnt habe!
Sicherlich hat Laun in seinem ursprünglichen Beitrag den Versuch unternommen, seine persönliche Wertung zu verbergen, indem er sie eigentlich als unzulässig darstellt, um sie dann uneigentlich umso mehr hervorzuheben: 'Eigentlich darf der Mensch nicht von einer göttlichen Strafe reden, aber was ist so schlimm daran, von einer göttlichen Strafe dieses "abstoßenden", "krankhaften" Erscheinungsbilds auszugehen?' Laun begeht jedoch einen Kategorienfehler, wenn er davon ausgeht, die Grundlage seine eigenen Urteile seinen vergleichbar mit denen seiner Kritiker. Denn während er seinen Urteile auf (vorgeblich) göttliches Recht bezieht, ist das Wesen der postmodernen Kritik dezidiert relativ. Das mag nicht jedem seiner Kritiker bewusst sein, entsprechend dogmatisch mögen entsprechende Erwiderungen ausfallen.
Warum regt Ihr euch eigentlich auf? Der Gott der Bibel und der Kirche existiert in euren Augen ohnehin nicht, einer wie ich ist in Euren Augen nur ein „Märchen“-Erzähler [...]
Es stimmt: der Anspruch auf Wahrheit der mythologischen Dichtungen des Christentums wird von allen Atheisten bestritten (was tautologisch ist, jedoch keineswegs notwendig auch für den Anspruch auf Wahrheit des zugrundeliegenden Sinns gelten muss). Was aber kaum strittig ist, ist die Einsicht in die reale Wirksamkeit solcher politischen Hetzereien. Das 20. Jahrhundert war insb. in seiner ersten Hälfte voll von "Märchen"-Erzählern unterschiedlichster Couleur. Hat dies den realen Folgen Abbruch getan? Au contraire!

Immerhin: an solchen Äußerungen wird deutlich, welcher Geist in der (katholischen?) Kirche noch immer sein Unwesen treibt: Es ist nicht der Geist von Versöhnung und Liebe, sondern von Ausgrenzung und Strafe. Man muss froh und dankbar sein, in Zeiten zu leben, in denen sich der Einfluss solch moralisch fragwürdiger Personen in Grenzen hält. Nicht auszudenken, welche unmenschlichen Folgen sie in anderen Zeiten haben würden. Wehret den Anfängen!

Montag, 2. August 2010

HAARP - eine Massenvernichtungswaffe der USA?!

Der diesjährige Sommer hat Russland fest im Griff - Waldbrände verheeren weite Gebiete, sodass die Bevölkerung teilweise zur Flucht gezwungen ist. Es ist die größte Hitze seit Beginn der Aufzeichnungen. Der Autor eines Artikels für das russische Nachrichtenportal Ria Novosti, Dr. Andrej Areschew, glaubt nun, die Ursache für diese Katastrophe ausgemacht zu haben: eine vermeintliche Geheimwaffe der USA - das HAARP (High Frequency Active Auroral Research Program; offizielle Homepage).

Eine solche Verdächtigung ist nicht neu; das HAARP wird bereits seit geraumer Zeit als Ursache für mancherlei Effekte angesehen. Tatsächlich werden nicht geringe Energiemengen in die Atmosphäre abgegeben: nach offiziellen Projektangaben verfügt der Hochenergietransmitter über eine Leistungsfähigkeit bis zu 3,6 Megawatt im Hochfrequenzbereich. Im Vergleich dazu: der Berliner Fernsehturm verwendet eine Sendeleistung von max. 100 Kilowatt im UKW-Band.

Es sollen an dieser Stelle nun nicht die möglichen oder nicht möglichen Auswirkungen des HAARP diskutiert werden. Das solche prinzipiell möglich sind, erscheint plausibel, und auch herkömmliche Radar-Technik steht, insbesondere in der Vergangenheit, zuweilen in der Kritik. Und auch Radiosendeanlagen können u.U. Gefahren zeitigen, wie unlängst der Vorwurf an Radio Vatikan wegen einer erheblichen Überschreitung der Sendegrenzwerte zeigt. Ob und ggf. welche schädlichen Auswirkungen von Funk- und Radaranlagen ausgehen, kann - und sollte - durch sorgfältige wissenschaftliche Untersuchungen offengelegt werden. Ein diebezüglich angemessene Erörterung kann hier nicht geleistet werden.

Was jedoch durchaus möglich ist, ist eine genaue Betrachtung der vorgebrachten Argumente:
Die Aussage des WWF-Vertreters zeigt, in welche Richtung sich das Klima entwickeln wird. Dabei geht es nicht um die „globale Klimaerwärmung", die schon lange Thema bei zahlreichen wissenschaftlichen (und pseudowissenschaftlichen) Diskussionen ist. Die Theorie von der "globalen Klimaerwärmung" als natürlichem Prozess muss erst noch bewiesen werden, aber die jetzige ungewöhnliche Hitze (die übrigens nur in Russland und auf mehreren nebenan liegenden Territorien ausgebrochen ist) könnte nicht nur natürliche und wissenschaftliche Gründe haben.
(Hervorhebung durch Sophrosynos)
Die Theorie der "globalen Klimaerwärmung" - in Anführungszeichen! - muss also angeblich erst noch bewiesen werden. Dabei dürften inzwischen jegliche Zweifel an der Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur ausgeräumt sein. Bestenfalls kann noch von (mehr oder weniger) berechtigten Zweifeln am menschlichen Beitrag zu dieser Erwärmung gesprochen werden. Und wie soll nur die Aussage, "die jetzige ungewöhnliche Hitze könnte nicht nur [...] wissenschaftliche Gründe haben", gedeutet werden? Könnte es unwissenschaftliche Gründe hierfür geben. Sind Geister im Spiel? Ist es womöglich gar Gottes strafende Hand angesichts der problematischen Situation für Menschen- und Bürgerrechtler sowie Künstler (s. auch Spiegel Online und ein Interview)  in Russland?

Unklar ist auch, was unter einer "Wetterregelung (als eine der Formen der sozialen Regelung)" zu verstehen sein soll. Der Begriff der "sozialen Regelung" ist wenigstens noch halbwegs verständlich (etwa im Sinne sozialstaatlicher Maßnahmen, aber auch stalinistischer Zwangsumsiedlungen). Aber "Wetterregelung"? Das lässt doch eher an Science Fiction denken, etwa das Emmerich-Machwerk: Das Arche Noah Prinzip (mit sagenhaften 4,7 Punkten bei der IMDB bewertet). Oder eben an HAARP..., das ja angeblich "Erscheinungen wie Dürre, Orkane, Erdbeben oder Überschwemmungen auslösen" kann.
Aus militärischer Sicht ist das HAARP eine Massenvernichtungswaffe, ein Instrument zur Destabilisierung von landwirtschaftlichen und ökologischen Systemen in dieser oder jener Region.
Eine gewagte Behauptung, deren Beweis lediglich eine angebliche (weil nicht belegte) Aussage des kanadisch Wirtschaftswissenschaftlers Michel Chossudovsky darstellt. Immerhin handelt es sich um einen russischen Namen und Chossudovsky selbst ist russischstämmig, was bei den Lesern von Ria Novosti sicher gut ankommen dürfte. Aber leider noch kein Beleg für die Triftigkeit der Aussage ist. Wenn es sich bei Chossudovsky wenigstens um einen Physiker handeln würde... aber auch von diesem wären harte Fakten zu erbringen.

Welche Belege für den Einsatz dieser angeblichen "Massenvernichtungswaffe" führt der Autor an?
Man könnte natürlich auch den venezolanischen Staatschef Hugo Chavez auslachen, der das Erdbeben auf Haiti im Januar ausgerechnet durch das HAARP begründete, aber ähnliche Vermutungen waren auch nach dem Erdbeben in der chinesischen Provinz Sichuan im Jahr 2008 zum Ausdruck gebracht worden.
Bewusst ausgelöste Erdbeben in China und Haiti? Viel naheliegender ist es doch anzunehmen, dass in tektonisch aktiven Gebieten Erdbeben nicht unwahrscheinlich sind. So existiert für China eine überaus lange zurückreichende Auflistung von Erdbebenereignissen, die seit 1950 ungefähr einmal im Jahr ein Erdbeben dokumentiert. Und einmal angenommen diese ominöse HAARP-Waffe gäbe es tatsächlich und sie hätte klimatische Auswirkungen: wie sollte sie dann in der Lage sein, Erdbeben auszulösen, deren Ursachen doch in Spannungen der Erdkruste zu finden sind. Hat die Annahme einer Klimawirkung noch den Hauch einer Plausibilität, so erscheint die Annahme, Radarwellen verfügten über ausreichend Energie zur Auslösung von Erdbeben, doch etwas überaus Lächerliches. Schließlich: welchen Zweck sollten die USA damit verfolgen, mit Haiti einen der ärmsten Staaten der Erde zu schädigen...?

Was folgert Areschew aus all diesen halbgaren Pseudofakten?
Dennoch sieht es so aus, als wäre die Klimaveränderung als politisches Instrument kein Mythos. Damit können Russland und die ganze Welt in absehbarer Zeit mit einer prinzipiell neuen Gefahr konfrontiert werden. Die Klimawaffen scheinen so weit entwickelt worden zu sein, um Dürren auszulösen, Ernten zu vernichten und „anomale Erscheinungen" auszulösen.
(Hervorhebung durch Sophrosynos)
Ganz klar: "Russland ist in Gefahr." Statt sich über die tatsächlichen Gefahren im inneren des Landes (Kriminalität, soziale Ungleichheit, die oben bereits genannten Probleme) Gedanken zu machen, wird der Blick auf höchst fragwürdige Weise nach außen gelenkt. Der Artikel ist damit ein neuerliches Beispiel, wie pseudowissenschaftliche Behauptungen und Verschwörungstheorien zur Verfolgung konkreter politischer Interessen herangezogen werden. Und zeigt damit die Notwendigkeit konkreter Aufklärung und allgemeiner Bildung.

Dienstag, 27. Juli 2010

Periodensystem des irrationalen Blödsinns

Ein skeptischer Mitstreiter hat ein wunderbares Periodensystem des irrationalen Blödsinns aufgestellt:


(c)

Homöopathie - der Stein der Weisen!

Im Moment findet sowohl im Netz (z.B. Fefe, GWUP) wie in den klassischen Medien (z.B. Der Spiegel 28/2010 vom 12.07.2010; Spiegel Online-Dossier; ZEIT-Online; Der Tagesspiegel) ein Thema Beachtung, das lange Zeit in der Versenkung verschwunden war: die Homöopathie. Aktueller Anlass der Debatte sind die chronisch knappen Kassen der Krankenversicherungen. In einem Gespräch mit dem Spiegel äußerte der SPD-Obmann im Gesundheitsausschuss des Bundestags, Prof. Karl Lauterbach, den Vorschlag, den Krankenkassen eine Erstattung von homöopathischen Leistungen zu verbieten. Da konnte die CDU freilich nicht hintanstehen. Am selben Tag zeigte sich der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn ebenfalls offen, die homöopathische Behandlungen als Kassenleistung zu streichen - selbstverständlich nicht ohne den Hinweis, man habe schließlich die "Wahltarife für Homöopathie seinerzeit auf Wunsch von SPD und Grünen eingeführt." Bei soviel Einigkeit darf der Advocatus diaboli nicht fehlen. Und so verteidigt der Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) als ordentlicher Liberaler natürlich die Wahlfreiheit: "Wenn eine Krankenkasse diesen Weg geht, kann und sollte ihr das nicht verwehrt werden."

Angesichts der massiven Probleme, denen die deutsche Regierung momentan gegenüber steht (Finanz- und Bankenkrise, Krieg in Afghanistan, Koalitionskrach usw.) mag man sich fragen, ob denn ausgerechnet jetzt eine Auseinandersetzung mit diesem doch eher randständigen Thema nottut. Vor allem mit Blick auf die tatsächlich eher geringen Kosten, die im Zuge homöopathischer Behandlungen anfallen, scheint es sich hier eher um eine Grundsatzdiskussion als ein praktisch gerechtfertigtes Ansinnen zu handeln. Denn: es ist Sommer, und da rücken gerne mal die Protagonisten der zweiten Reihe nach vorne, um ihre dringenden Anliegen in die Öffentlichkeit zu tragen.

Nun soll man die Feste feiern, wie sie fallen. Eine Diskussion um Scharlatanerie in der Medizin ist sicherlich erforderlich, denn hier geht es nicht in erster Linie um eine Entlastung der Kassen, sondern um das Wohl des Patienten. Doch gerade von dieser Seite wird gerne auf die vermeintlichen oder tatsächlichen Heilungserfolge verwiesen. Hat die Homöopathie nun einen Effekt? Tatsächlich bin ich der Auffassung, dass dies der Fall ist...

In einem Blog-Kommentar zum Thema hatte ich unlängst auf den Verkauf des Homöopatikums "Excrementum canium" hingewiesen, das landläufig als "Hundescheiße" bezeichnet wird (exakter, um nicht zu sagen “wissenschaftlicher”: “Kot eines mit Kuhpansen gefütterten Mischlingshundes”). Dieses wird zu Preisen zwischen 2,85€ und 17,70€ je Gramm angeboten. Da sage man nicht, die Homöopathie hätte keinen Effekt. Natürlich hat sie den: Sie macht aus Scheiße Gold und stellt damit den von den Alchemisten lange erfolglos gesuchten Stein der Weisen dar, der unedle Stoffe zu Gold oder Silber verwandeln kann. Damit sorgt für eine Umverteilung der Vermögensgüter von dumm (man mag auch sagen: leichtgläubig) nach gerissen (oder: skrupellos). Auf sowas muss man erstmal kommen! (Siehe auch den Beitrag der NZZ dazu.)

Ein anderer Kommentator des Blogbeitrags war so freundlich, auf meinen Kommentar zu antworten:
Ist das wirklich so viel absurder als die Gewinnung von Medikamenten (Insulin) aus Schlachthofabfällen? Vielleicht nicht die gleiche Liga, aber auf jeden Fall das gleiche Spiel.
Sollte die Herstellung von "Excrementum canium" wirklich vergleichbar sein mit dem Herstellungsprozess eines schulmedizinischen Medikaments, z.B. Insulin? Dass man bei der Erzeugung von Nahrungs- und Arzneimitteln besser nicht Einblick in die Details nimmt, will man seinen Appetit nicht verlieren, ist ein altbekannter Ratschlag (z.B. zibetkatzenveredelter Kaffee). Man sollte jedoch nicht dem Trugschluss aufsitzen, alle Arten wie auch immer "fachgerechter" Herstellung wären von gleicher Güte:
ERSTE HEXE. Die gelbe Katz' hat dreimal miaut.

ZWEITE HEXE. Ja, und einmal der Igel quiekt.

DRITTE HEXE. Die Harpye schreit: – 's ist Zeit.

ERSTE HEXE. Um den Kessel dreht euch rund,
Werft das Gift in seinen Schlund!
Kröte, die im kalten Stein
Tag' und Nächte, dreimal neun,
Zähen Schleim im Schlaf gegoren,
Sollst zuerst im Kessel schmoren!

ALLE. Spart am Werk nicht Fleiß noch Mühe,
Feuer sprühe, Kessel glühe!

ZWEITE HEXE. Sumpf'ger Schlange Schweif und Kopf
Brat' und koch' im Zaubertopf:
Molchesaug' und Unkenzehe,
Hundemaul und Hirn der Krähe;
Zäher Saft des Bilsenkrauts,
Eidechsbein und Flaum vom Kauz:
Mächt'ger Zauber würzt die Brühe,
Höllenbrei im Kessel glühe!

ALLE. Spart am Werk nicht Fleiß noch Mühe,
Feuer sprühe, Kessel glühe!

DRITTE HEXE. Wolfeszahn und Kamm des Drachen,
Hexenmumie, Gaum und Rachen
Aus des Haifisch scharfem Schlund;
Schierlingswurz aus finsterm Grund;
Auch des Lästerjuden Lunge,
Türkennas' und Tartarzunge;
Eibenreis, vom Stamm gerissen
In des Mondes Finsternissen;
Hand des neugebornen Knaben,
Den die Metz' erwürgt im Graben,
Dich soll nun der Kessel haben.
Tigereingeweid' hinein,
Und der Brei wird fertig sein.

ALLE. Spart am Werk nicht Fleiß noch Mühe,
Feuer sprühe, Kessel glühe!

ZWEITE HEXE. Abgekühlt mit Paviansblut,
Wird der Zauber stark und gut.
(Shakespeare, Macbeth, 4. Akt, 1. Szene)
Andere Liga, aber gleiches Spiel?? Ich habe meine Zweifel! Was zählt, ist die überprüfte Wirkung der Inhaltsstoffe eines Arzneimittels. Und an dieser Stelle kommt Homöopathie eben nicht über die Wirkung eines Placebos hinaus. Nein - der Unterschied zwischen Homöopathie und Schulmedizin (und dazu zähle ich auch Naturheilmittel) ist qualitativer Natur; die Erzeugung des Wirkstoffs und Überprüfung seiner Wirksamkeit beruhen auf wissenschaftlichen, d.h. belastbar getesteten, transparenten und falsifizierbaren Methoden. Will die Homöopathie in diesem Spiel mitspielen, muss sie diese Regeln übernehmen. Sonst bleibt sie, was sie gegenwärtig ist: fauler Zauber.

Mittwoch, 21. Juli 2010

"Ende der Gottesleugnung: Atheismus ist tot!"

Nun mal ein ganz besonders schönes delusionäres Schmuckstück:




Man muss schon sagen: Der Soundtrack ist gut gewählt und lässt an Dramatik nichts zu wünschen übrig. Auch die Bilder sind beachtlich: lodernde Flammen, die vom "Zusammenbruch des Atheismus" künden, Stonehenge mit zeitgerafftem Wolkenhimmel, ein Sonnenuntergang vor düster dräuenden Wolken. Da bleibt kein Auge trocken.

Und dann die Stimme aus dem Off...: In einem erfreulich nüchternen Duktus (wenngleich auch zeitlich zuweilen etwas gestrafft) wird die Geschichte des Atheismus und seine angebliche Widerlegung durch die neusten Erkenntnisse der Wissenschaft dargestellt. Die Nennung (mehr ist es nicht) der Vertreter einer im Video zu Recht oder Unrecht geziehenen atheistischen Position überspringe ich jetzt mal. Abgesehen von der tendenziösen, unterkomplexen Beschreibung kann man das im Großen und Ganzen so stehen lassen. Weitaus interessanter sind die vorgeblichen "Widerlegungen" des Atheismus durch die Wissenschaft. Dabei verrät eine kurze Einblendung (0:43), dass das Video sich an den Werken von Harun Yahya orientiert, dessen Webseite über seine Intentionen umfänglich Auskunft gibt.

Zunächst wird mehrfach ganz allgemein darauf hingewiesen, dass es die moderne Wissenschaft selbst ist, die die Grundannahmen des Atheismus widerlegt. Die Fortschritte in Politik, Soziologie, Astronomie, Biologie, Psychologie und Sozialethik würfen diese Grundannahme(n) um, um nicht zu sagen: "über den Haufen".

Als Beleg wird folgende "Analyse" des angeblich bekannten amerikanischen Autors Patrick Glynn (von dem anscheinend nur zwei Bücher erschienen sind, wovon nur besagtes verfügbar ist) zitiert:
Die Forschung der vergangenen Jahrzehnte hat nahezu alle wesentlichen Grundannahmen und Vorhersagen über den Haufen geworfen, die über die Existenz oder Nichtexistenz Gottes von einer früheren Generation moderner, säkularer, atheistischer Denker gemacht wurden...
Im Verlauf eines Jahrhunderts in der großen Debatte zwischen Wissenschaft und Glauben haben sich die Ansichten vollständig geändert... Heute weisen alle konkreten Daten in die Richtung der Gottes-Hypothese...
(aus: "GOD - The Evidence",
1997, S. 19-20; Video: 3:55)
Dabei fällt zunächst die Wortwahl des Sprechers auf: Die mit dem angeführten Zitat belegte Behauptung wird als Analyse bezeichnet. Bei einer Analyse handelt es sich jedoch nicht nur um eine bloße Tatsachenbehauptung, sondern vielmehr um eine systematische Untersuchung auf der Grundlage einer Zerlegung des betrachteten Gegenstands. Womöglich wird eine wie auch immer geartete Analyse in dem angeführten Buch durchgeführt. Viel wahrscheinlicher erscheint aber die Annahme, der Ersteller des Videos ist sich über den Begriff der Analyse und die damit verbundenen wissenschaftlichen Methoden (die sich je nach Disziplin unterscheiden) nicht im Klaren.

Im Weiteren werden zwei vermeintlich atheistische Grundbehauptungen als angeblich falsch entlarvt:
  1. Die Hypothese von der ewigen Existenz des Universums sowie
  2. die Hypothese von seiner zufälligen Entstehung.
Als Beleg für die Erschaffung des Universums werden die Urknalltheorie und die ihr zugrunde liegenden Beobachtungen einer Ausdehnung des Alls angeführt. Tatsächlich war zu Beginn des 20. Jhds. noch nicht klar, ob das Universum, wie wir es kennen, einen Anfang besitzt, oder ob es nicht vielmehr anfangslos schon immer existierte. Letztere Position vertrat etwa der 1600 auf Betreiben der Inquisition wegen Ketzerei auf dem Scheiterhaufen hingerichtete Giordano Bruno, der die (zeitliche und räumliche) Unendlichkeit des Alls aber durchaus mit der Annahme eines unendlich mächtigen Gottes vereinbar fand. Erst die astronomische Entdeckung der Rotverschiebung entfernter Nebeln Anfang des 20. Jhds. legte die Vermutung eines sich ausdehnenden Alls nahe. Die theoretische Grundlage einer solchen Ausdehnung hatte, unbenommen seiner zunächst anderslautenden persönlichen Auffassung, Albert Einstein im Jahr 1915 mit seiner Allgemeine Relativitätstheorie geliefert. Die erste Ausformulierung einer Ausdehnungstheorie des Alls entwickelte jedoch erst 1927-33 der Priester und Astronom Georges Lemaître. Der theologische Hintergrund Lemaîtres forderte dabei atheistische Kritiker heraus, von denen Sir Fred Hoyle der theologiekompatiblen Theorie des "Ureis" den eigentlich lächerlich gemeinten Namen "Big bang" verlieh.

Tatsächlich hat die Vorstellung eines durch einen Urknall entstandenen Universums atheistische Wissenschaftler immer wieder zu Zweifeln angeregt. So auch den ehemaligen Herausgeber des Wissenschaftsjournals Nature John Maddox, der 1989 in seinem Artikel Down with the Big Bang (Nature, 340: 425, 1989) gegen diese Theorie Stellung bezog. Unglücklicherweise nicht auf der Grundlage besserer wissenschaftlicher Erkenntnisse, sondern aus weltanschaulichen Gründen, da die Urknall-Theorie kreationische Positionen rechtfertigen würde. Eine solche, durchaus unwissenschaftliche Folgerung von einer weltanschaulichen Ansicht auf eine wissenschaftliche Theorie goss freilich Wasser auf die Mühlen der Kreationisten. Mit seinem sicher gut gemeinten Artikel hatte Maddox der Wissenschaft einen Bärendienst erwiesen. Entsprechend findet sich der Verweis auf ihn auch in diesem Video (5:15).

Kreationisten folgern nun aus der Expansion des Alls seine "Geschaffenheit". Wenn das Universum einen Anfang besitzt, so auch die Meinung im Video, muss ein Gott es erschaffen haben.
Materie und Zeit wurden von einem unendlich mächtigen Schöpfer erschaffen, der an beides nicht gebunden ist. Der Schöpfer des Universums, das wir bewohnen, ist Allah, der Herr aller Welten.
(6:05)
Dies muss jedoch keineswegs notwendig der Fall sein. Der Verweis auf eine zufällige Entstehung mag Vielen an dieser Stelle womöglich nicht genügen. Gemäß dem Grundsatz "von nichts kommt nichts" bleibt stets die Frage nach der Grundlage einer zufälligen Entstehung. Dass diese selbstverständlich durch die Annahme eines Gottes ebenfalls nicht beantwortet wird, ist sofort einsichtig. Aber anscheinend fällt es vielen Gläubigen leichter, die Kette von Fragen bei einem persönlichen Gott enden zu lassen, als bei den letzten empirisch belegbaren Tatsachen...

In einem weiteren Teil sucht das Video die Hypothese einer zufälligen Entstehung (und Entwicklung) des Universums zu widerlegen. 
Wissenschaftler haben zum ersten Mal 1970 entdeckt, wie sensibel die physikalischen Gleichgewichte im Universum zusammengewirkt haben, damit menschl. Leben entstehen konnte.
(7:00)
Unterlegt ist diese Behauptung interessanterweise mit einem Bild des im Rahmen des SETI-Projekts aufgezeichneten sog. Wow-Signals, das zwar für sich genommen durchaus interessant ist, aber in überhaupt keinem inhaltlichen Zusammenhang mit den Aussagen des Videos steht. Immerhin sieht man ein offensichtlich auf wissenschaftlichem Wege erzeugtes Dokument mit unverständlichen Zahlen- und Symbolreihen, auf dem ein erstauntes "Wow" notiert ist. Ansonsten belegt dies nur die Leichtfertigkeit, mit der hier Wissenschaft missbraucht wird.

Die Kernaussage lautet nun:
Als die Forschungen sich vertieften fand man heraus, dass die Gesetze der Physik, Chemie und Biologie, fundamentale Kräfte wie Gravitation, Elektromagnetismus sowie die Struktur der Elemente dem menschlichen Leben ideal angepasst sind.
(7:17)
Diese Aussage dokumentiert am besten, wie wenig dem Ersteller des Videos, und mit ihm sicher die meisten Kreationisten, die Kopernikanische Wende gelungen ist. Selbstverständlich stehen die Naturgesetze im engsten Verhältnis mit dem menschlichen Leben! Wie solten sie auch nicht? Denn wären sie nicht so ausgestaltet wie es der Fall ist, gäbe es (wahrscheinlich) kein (menschliches) Leben, ja vielleicht noch nicht einmal Materie. Dieses "Anthropische Prinzip" spricht jedoch überhaupt nicht gegen eine zufällige Entstehung. Genauso wenig lässt sich aus einem Lottogewinn der Schluss ziehen, er wäre gottgewollt. Irgendjemand knackt den Jackpot - und falls nicht, gibt's die Woche drauf die nächste Chance. Die Feinabstimmung der Naturkonstanten, auf die hier verwiesen wird, ist natürlich erstaunlich. Ebenso erstaunlich wie ein Lottogewinn - für den Gewinner. Für die Lottogesellschaft indes ist er eine regelmäßig vorkommende Banalität.

Die Verwunderung über die Tatsache, dass dem Universum just solche Naturkonstanten und Gesetzmäßigkeiten zugrunde liegen, die unsere Entstehung ermöglichen, lässt sich mit Verweis auf die Viele-Welten-Interpretation abschwächen. Wenn unser Universum nur Teil eines weitaus größeren Multiversums wäre, in dem jede Menge (um nicht zu sagen: alle möglichen) weiteren Universen existieren, die von unserem zum Teil auch deutlich abweichen, muss man nicht mehr erstaunt sein, dass es uns überhaupt gibt. Wir wären die glücklichen Lottogewinner.

Eine alternative Antwort bietet darüber hinaus die Vorstellung eines "schwingenden" Universums. So ist es durchaus vorstellbar, dass einem Urknall und der anschließenden Ausdehung des Alls ein Kollaps folgt und das Universum schließlich in einem Big Crunch zusammenfällt, dem wiederum ein neuerlicher Urknall folgt. Die Naturkonstanten des auf diese Weise neu geschaffenen Universums könnten dann abhängen von den letzten Strukturen der in den Big Crunch eingegangenen Materie. An dieser Stelle wird die physikalische Kosmologie hochspekulativ, aber das sind ja gerade die spannenden Bereiche der Wissenschaft.

Beide Überlegungen zeigen, wie gut sich die Vorstellung eines sich entwickelnden Universums mit der eines ewigen "Metaversums" vereinbaren lässt. Freilich bleibt die Frage nach der Grundlage dieses Meta-/Multiversums...

Wie ist also abschließend dieses handwerklich sicher nicht schlecht gelungene Filmchen zu bewerten?
Die Belege der Kernaussagen stellen sich bei näherer Betrachtung als nicht belastbar heraus. Weder die Entstehung des Universums aus einer Singularität, noch die spezifische Form der Naturkonstanten und -gesetze lässt den Schluss auf eine göttliche Erschaffung des Universums zu.

Und im übrigen: selbst wenn dies der Fall wäre, bliebe immer noch zu klären, durch welchen Gott. Bis zur (Wieder-)Aufnahme dieser Hypothese (Laplace) in kosmologische Theorien sollen sich die entsprechenden Glaubensvertreter bitte erst einmal über ihre Gottesvorstellung einig werden. Wenn es soweit ist, kann man evtl. die Existenz Gottes wieder in Erwägung ziehen (sofern man dann nicht ohnehin dazu gezwungen wird).

(Mit freundlicher Genehmigung der religionsfreien Zone)

Allgemein fällt bei diesem Video die von Kreationisten und Verwandten oft verwendete Strategie auf, die deutlich auf die vorempirischen Wurzeln dieser Argumentation verweist: Gern werden Behauptungen zitiert, am besten von namhaften Personen, doch eine eigenständige Prüfung, gar eine empirische, dieser Aussagen wird weder geliefert noch angeregt. Es besteht hier eine deutliche Nähe zur Geisteshaltung der Scholastik, bei der die herangezogenen Autoritäten unkritisiert die Axiome für die weitere Argumentation bildeten. Erst die von Francis Bacon begründete empirische Methode brach mit dieser Vorgehensweise. Und hinter Bacon (1561-1621) indes fällt der Ersteller dieses Videos zurück. Er ist auf dem besten Weg ins Mittelalter.

Montag, 19. Juli 2010

Brustbügeln

Alexander Göbel von Tagesschau-online berichtet von der grausamen Praxis des "Brustbügelns" in einigen Regionen Westafrikas. Was auf den ersten Blick amüsant klingt, bezeichnet eine ebenso absurde wie abstoßende Tradition: Jungen Mädchen, oft bereits im Alter von 8 Jahren, wird von ihren Müttern mit heißen Steinen die Brust massiert. Diese schmerzhafte Behandlung soll einem frühzeitigen Brustwachstum vorbeugen und so die sexuellen Reize unterdrücken, die anscheinend zu ungewollten Schwangerschaften führen. Was selbstverständlich nicht gelingt. Stattdessen leiden die Betroffenen ein Leben lang unter qualvollen Schmerzen und einem erhöhten Brustkrebsrisiko. Dass vorzeitige Schwangerschaften ebenfalls nicht verhintert werden, versteht sich beinahe von selbst.

Was an dieser Nachricht zunächst erstaunen mag: Es sind stets die Mütter selbst, die ihre Töchter auf diese Weise drangsalieren. Ebenso wie im Fall der Genitalverstümmelung werden so von den Betroffenen selbst die Praktiken fortgeschrieben, deren Opfer sie selbst waren.

Darüber hinaus lassen diese Praktiken die Behauptungen von manchen rousseauistisch gesonnenen Romantikern in einem kritischen Licht erscheinen, die die "Weisheit" der Naturvölker als ursprünglicher und dadurch wahrer loben. Dieser Fall zeigt, wie dringlich eine Aufklärung not tut, vor allen Dingen eine sexuelle Aufklärung der Frauen.

Und schließlich muss man sich wundern, warum es erneut die Frauen und Mädchen sind, die hier allein die Verantwortung für sittsames Verhalten tragen sollen. Das Verhalten der Männer zu zügeln scheint weder in diesen Gesellschaften noch in weiten Teilen der arabischen Welt eine praktikable Alternative darzustellen. Man fragt sich, warum nicht...

Dem Wahnsinn auf der Spur

Willkommen auf dem Blog des Delusionauten, dem Blog über aktuelle und vergangene Wahnvorstellungen.

Delusion, zu deutsch "Wahn", "Wahnvorstellung", bezeichnet
eine Überzeugung, die
  1. logisch inkonsistent ist oder wohlbestätigtem Wissen über die reale Welt widerspricht und
  2. trotz gegenteiliger Belege aufrechterhalten wird, weil die persönliche Gewissheit der Betroffenen so stark ist, dass sie rational nicht mehr zugänglich sind.

Quelle: Wikipedia
Inhalt dieses Blogs sollen jedoch nicht (primär) pathologische Wahnvorstellungen sein, die im wesentlichen individueller Natur sind, von neurophysiologische Defekten herrühren und eine medizinische Betreuung erfordern. Vielmehr kommentiert es die zahlreichen Ausprägungen gesellschaftlicher Wahnvorstellungen, die der aufgeklärte Geist nur mit Verwunderung zur Kenntnis nehmen kann.

Die Themen dieses Blogs sind vielfältig. Einige Beispiele mögen vorab eine Vorstellung über den geplanten Inhalt geben:
  • Esoterik
  • (unaufgeklärte) religiöse Extremformen
  • UFO-Glaube
  • Verschwörungstheorien
  • ...

Dabei liegt die Bewertung selbstverständlich im Auge des Betrachters! Der Autor dieses Blogs bekennt sich hier zu einer radikal subjektiven Bewertung, entsprechend sind die Einträge dieses Blog stets als persönliche Meinungsäußerungen zu verstehen. Die Verletzung religiöser Gefühle liegt ebenso wenig in seiner Intention wie die Beleidigung konkreter Personen.

Darüber hinaus darf "Aufklärung" nicht (mehr) als bedingungslose Dominanz der Vernunft in allen Lebensbereichen des Menschen aufgefasst werden. Diese radikale Ideologie, die ebenso in die Irre führt wie eine vollständige Absage an die Ratio, zeitigte im 20. Jahrhundert dramatische Folgen, forderte unakzeptable Opfer unter den Menschen und führte zu zum Teil erheblichen Schäden an der Umwelt. Die gegenwärtige Zunahme von irrationalem, hier als wahnhaft aufgefasstem Verhalten und entsprechenden Weltauffassungen mag vor diesem Hintergrund als dialektische Gegenbewegung aufgefasst werden und ist in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft bis zu einem gewissen Grad ebenso zu tolerieren, wie religiöse und weltanschauliche Positionen, sofern sie im Einklang mit dem deutschen Grundgesetz und den Menschenrechten stehen. Ziel und Zweck dieses Blog ist es indes, den Ausschlag des Pendels bei dieser Gegenbewegung zu dämpfen und eine zukünftige Dominanz der Irrationalität zu verhindern.